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Sorgsam wässern

Die vergangenen Jahre waren nicht nur in Berlin sehr trocken. Welche Auswirkungen die heißen Sommer auf unsere Grundwasserreserven haben, erklärt Dr. Gesche Grützmacher in einem Interview.

„Wer Wasser benötigt, sollte dies auch nutzen."

Dr. Gesche Grützmacher, Chefin der Trinkwasserqualität, über Trockenheit und Berlins Grundwasservorrat

Der vergangene Sommer hat wieder gefühlt alle Rekorde geschlagen – wie hat sich das auf die Berliner Wasserversorgung ausgewirkt?

Das stimmt, Berlin war in diesem Sommer die heißeste, trockenste und sonnigste Region Deutschlands. Das haben wir natürlich auch gemerkt, etwa 38 Prozent der Gesamtmenge eines Jahres wird zwischen Mai und August gefördert. Die Herausforderung sind dabei weniger die Spitzentage – da hatten wir dieses Jahr eine Höchstfördermenge von 866.000 Kubikmetern, das ist weniger als etwa 2019. Was uns durchaus an unsere Grenzen bringt, ist die Dauer der Hochsaison, konkret die Zahl der Tage, an denen die Fördermenge deutlich über dem Jahresdurchschnitt liegt.

Warum ist das kritisch?

Unsere Brunnen werden idealerweise nicht 24/7 betrieben, sondern haben immer wieder Regenerationsphasen, wodurch sich die Brunnenalterung verringern soll. Fallen diese kürzer aus, sinkt die Ergiebigkeit der Brunnen und der Instandhaltungsaufwand steigt. Nun werden Arbeiten im Bereich der Wasserversorgung aus guten Gründen nicht in Hochförderphasen erledigt. Und je länger die dauern, desto weniger Zeit haben wir, notwendige Arbeiten durchzuführen.
Wir haben auf diese Herausforderungen bereits 2017 unter anderem mit einem Brunnenerneuerungskonzept reagiert, mit dem wir anvisieren, 30 Brunnen pro Jahr zu erneuern. Jetzt sind darüber hinaus als Ergänzung neue Brunnen geplant.

In Brandenburg wird teilweise schon zum Wassersparen aufgerufen. Warum machen Sie das in Berlin nicht?

Wir sparen im Alltag ja schon im Vergleich zu früheren Zeiten eine Menge Wasser, denn alle Haushaltsgeräte sind mittlerweile mit der entsprechenden Technologie ausgestattet. Wer Wasser benötigt, soll dieses auch nutzen – besonders natürlich zum Trinken. Durch den urbanen Wasserkreislauf geht das Wasser ja nicht verloren, sondern gelangt gut gereinigt wieder in die Flüsse und Seen der Region. Wir plädieren eher für einen sorgsamen Umgang. Dazu gehört beispielsweise im Sommer auch, das Gießwasser für den Garten sinnvoll einzusetzen und seinen Rasen nicht tagsüber zu bewässern, wenn wegen der Hitze sowieso das meiste verdunstet.

Wie lange wird das Wasser denn noch reichen?

Das Grundwasser ist ja kein Vorratskeller, den wir leeren, es bildet sich ständig neu, besonders durch den Regen, der jetzt in den Herbst- und Wintermonaten fällt. Das war in den vergangenen drei Jahren weniger als zuvor. Einen gewissen Ausgleich können wir mit künstlicher Grundwasseranreicherung schaffen, die wir gerne zukünftig noch ausbauen möchten.
Wir haben uns aber auch darüber hinaus Gedanken dazu gemacht, wie wir die Wasserversorgung künftig widerstandsfähiger machen können. Dazu haben wir ein Resilienzkonzept entwickelt, das zum Teil auch bereits in Umsetzung ist. Neben den schon angesprochenen Brunnen gehört dazu auch, perspektivisch alte Wasserwerksstandorte wie z.B. Jungfernheide und Johannisthal wieder in Betrieb zu nehmen.

Dr. Gesche Grützmacher leitet den Stabsbereich Zentrale Aufgaben und Trinkwasserqualität der Was-serversorgung der Berliner Wasserbetriebe. Sie ist Geologin und Expertin für Uferfiltration.